Мішель Фуко... |
Marcelli, M.: Michel Foucault, oder ein Anderer werden. Archa: Bratislava, 1995. S. 135. ISBN: 80-7115-099-1. Michel Foucault wurde in der Philosophie manchmal enfant terrible genannt. Der Strukturalismus und seine Emanationen wurden in der bunten Palette der verschiedenen Disziplinen sedimentiert - Psychologie, Soziologie, Linguistik, Ethnologie und Philosophie. Diese philosophische Strömung stellt manche provokative Fragen und Alternative dar, die an der Dekonstruktion der Rationalität, des Subjekts und der Ethik teilnehmen. Das rezensierte Buch möchte nur eine komplexe Einweihung in dieses Denkmodell sein. Prof. Miroslav Marcelli (*1947) ist wissenschaftlich und pädagogisch tätig an der Philosophischen Fakultät der Comenius Universität zu Bratislava. Er ist Autor von zwei Büchern -Renaissance der Zeit (1989) und Michel Foucault, oder ein Anderer werden (1995) und Co-Autor des Buches Hinter dem Spiegel der Moderne (1992). Für den slowakischen Leser ist er auch durch seine Übersetzungen hauptsächlich aus dem Französischen bekannt. Er übersetzte z.B. von M. Foucault Les Mots et les Choses, Surveiller et punir. La naissance de la prison; von J. Piaget Sagesse et illusions de la philosophie und von G. Deleuze A quoi reconnaît on le structuralisme?. Er reflektiert nicht nur über den gegenwärtigen Strukturalismus und Poststrukturalismus, sondern auch über die philosophischen Aspekte der Semiotik. Er widmet sich auch der Philosophie des deutschen klassischen Idealismus: hauptsächlich dem Problem der Transzendentalphilosophie. Er nahm als Hauptredaktor an der wissenschaftlichen Redaktion der slowakischen Übersetzungen der Fichtes und Hegels Werke teil. Ausserdem publizierte er mehrere Artikel in philosophischen Zeitschriften zum Thema des Transzendentalismus und der Philosophie von Michel Foucault. Zur Zeit ist er Mitglied mehrerer wissenschaftlichen aus - und inländischen Kollegien und Redaktionen. Marcellis Buch wird in sieben Teile gegliedert, die einen kondensierten Überblick über die Philosophie von M. Foucault darbieten. Im ersten Kapitel unter dem Titel Anders werden (s. 9-23) bemüht sich Marcelli darum, die Bedingung von Konflikten und Gegensätzen des Foucaults Philosophierens zu finden. Er tut das aber nicht mit der transzendentalen Methode, er will den Ausgangspunkt bestimmen, der Foucault ermöglichte, die schon gebildeten Positionen zu verlassen und ihn zu ständigen Veränderungen führte. Marcelli meint, daß solches Bewegungsmoment der Foucaults theoretischen und praktischen Tätigkeit ein Streben nach Anders-Sein war.(s. 19) Für M. Foucault war dieses Werden ein Spiel des Verlierens, ständige Veränderungen. Man sollte nicht entdecken, was wir sind, sondern, was wir ablehnen sollen. Diese Behauptung führte nicht nur zu den gesellschaftlichen und politischen Aktivitäten, sondern auch zur Ablehnung aller philosophischen Überlegungen über die menschliche Natur (Foucault gegen Chomsky), über ahistorisches Subjekt, über überzeitliche Determinationen. Foucault wählte dafür den Mittel der Historisierung. Das Bemühen von Marcelli, einzige Bedingung des Schaffens von Foucault zu zeigen, bleibt offen, also bereit für nächste Konkretisierungen. Das zweite Kapitel heißt Wissenschaft ist die Fortsetzung der Politik und Politik ist die Fortsetzung des Krieges (s. 24-42). Marcelli sucht die Bedingung der ständigen Veränderungen von M. Foucault. Er identifiziert sie mit Foucaults homosexuellen Orientierung. „Es ist gewiß, daß Foucault anders sein wollte, weil er anders war. Er konnte sich nicht mit derjenigen Lage versöhnen, die den Homosexuellen, diesen anderen und „un-natürlichen" Menschen, die moderne Gesellschaft zuschrieb und stets zuschreibt" (s. 24—25). Autor bleibt nicht bei dieser Konstatierung, sondern er fügt sie in den breiteren Rahmen des Zusammenhangs zwischen der Vernunft und Un-Vernunft. Er untersucht ihr gegenseitiges Vermengen und auch die Unterdrückung. Foucault bewegt sich an der Grenze. Er versuchte immer, die stabilen Grenzen zu ändern. Die Un-Vernunft wurde in der Aufklärung zur zerstörerischen Macht. Mit dieser Phase der Philosophiegeschichte identifiziert Foucault die Geheimverbindung von Wissen, Macht und Politik. In diesem Kontext fragt Marcelli nach der Lage des Intellektuellen. Es ist bekannt, daß Foucault zwischen zwei Typen von Intellektuellen - dem universalen (Ursprung bei dem Juristen) und spezifischen (Ursprung bei dem Experten) - unterscheidet. Man kann die Stelle von Foucault selbst auch hier nicht gut identifizieren, weil er sich immer um die Demystifikation der Vernunft und der Rationalität bemühte. Foucault wollte dem zum Schweigen Gebrachten das Wort geben, also die Archäologie des Schweigens kreieren, was zu einer Polemik mit J. Derrida führte. Foucault geht dahin, die verbotene Zone zu betreten, aber er verläßt das Territorium der Vernunft nicht. „Vernunft, Rationalität, Geistwissenschaften, System der modernen gesellschaftlichen Institutionen, Machtverhältnisse in der gegenwärtigen Gesellschaft, das alles sind die Gegenstände vom Foucaults destruktiven Interesse, aber zugleich die Grenzen, die er nicht betreten kann, weil nur innerhalb ihnen seine Geste den Sinn hat." (s. 42) Das Zentrum des Marcelli Interesses bezieht sich im nächsten Kapitel auf die Geschichte des Anderen (S. 43-59). Foucault folgte in seinem Buch Geschichte des Wahnsinnes den Ursprüngen der Abstandsbildung zwischen der Vernunft und Un-Vernunft, beschrieb die Phasen und Modifikationen dieses Prozesses. Foucaults Suchen wird als Archäologie des Schweigens bezeichnet, deshalb orientiert er sich primär auf die Geschichte. In der Renaissance herrschte eine Symbiose zwischen Vernunft und Un-Vernunft, in der Aufklärung begann die Segregation, das gewaltige Bringen des Wahnsinns zur Vernunft. „Es handelt sich um die Erfahrung mit dem Anderen, der zu internieren, schweigen und zu strafen ist, weil er ah Form der Un-Vernunft amoral ist und senkt auf die Ebene der Animalität." (S. 45) Foucault entlarvt den geschichtlichen Ursprung der Ansichten über die menschliche Natur. Beide - Natur und Un-Natur - sind Produkte derselben geschichtlichen Konstelation. Geschichte ist nicht durch ihre immanente Kontinuität gekennzeichnet, sondern in ihr herrscht die unreduzierbare Diskontinuität. Marcelli geht auch nicht an der Polemik zwischen Foucault und Derrida über die Deutung Descartes' „cogito" vorbei. Ganze Polemik kann man als Polemik über den Begriff der Struktur verstehen (M. Serres). Mit der Epoche des Positivismus kann die Geburt der modernen Psychiatrie identifiziert werden. „Klinik ist die Gerichtsinstantion und das Heilprozeß ist die permanente Kulpabilisation des Wahnsinnigen." (S. 56) Man befindet sich im Gefängnis der Moral. Im vierten Teil Ordnung und ihre Grenzen (S. 60-75) wird das Problem der Ordnung behandelt, durch welche die einzelnen kulturellen Aktivitäten bedingt sind. Marcelli orientiert sich hier an Foucaults Werk Les Mots et les Choses. Es gibt keine einzige einheitliche Ordnung, sondern nur ihre verschiedenen Modalitäten. Dem Marcelli nach, „Foucault wirft das Problem des historischen Apriori auf." (S. 61) Fristerne ist der gemeinsame Raum für verschiedene Wissenserscheinungen. Die Renaissanceepisteme ist durch das Ähnlichkeitsprinzip, klassische Periode durch das Identitäts — und Verschiedenheitsprinzip, moderne Episteme durch das Prinzip der historischen Entwicklung gekennzeichnet. Problem der Position der Sprache zu den Sachen ist für dieses Buch von Foucault signifikant. In der Renaissance ist die Sprache inmitten der Welt. In der klassischen Periode wird sie zum Zeichen, das von der Welt getrennt ist. Symbol für diese Periode stellt die Tafel dar. In der modernen Zeit wird das Ort der Tafel durch die Geschichte, das Ort der Identität und Verschiedenheit durch die Analogie und Nacheinanderabfolge, das Ort der Repräsentationen durch die imanenten Gesetze eingenommen. Kann Episteme mit dem historischen Apriori identifiziert werden? Foucault meint, daß das konkrete historische Apriori nur eine historische Ordnungsmodalität ist. Marcelli behauptet, „daß das ganze Problem in der Bestimmung der Episteme als des historischen Apriori liegt. " (S. 73) Vom „Autor" wird im fünften Teil seines Buches Sprache als Meister (S. 76-89) besonders das Wesen der Sprache und das Autorproblem untersucht. Mittels der Literatur versucht Foucault das nackte Wesen der Sprache zu zeigen. In der Literatur wird der Autor aufgehoben (Mallarmé, Blanchot), was ein Ausdruck der Endlichkeit und Abhängigkeit ist. M. Foucault lenkt unsere Aufmerksamkeit auf das Unabhängigkeitscharakter der Sprache. Die Sprache ist keine Äußerung dessen, wer sie benutzt, sie hat unabhängige Existenz. Jedes Subjekt ist in ihr nur ein grammatisches Zeichen. (S. 77-78) „Die Aussage ist im Hinblick auf die Realität der Sachen immer obendrauf. Sie ist etwas, was aus dieser Realität nicht folgt.... Das Sein der Sprache bleibt sowohl außer den Intentionen des Sprechenden, als auch außer der Weh der bezeichneten Sachen." (S. 79) Die Aussage ist also kein Dokument, sondern ein Monument. Was ist die Aussage (énoncé) eigentlich? Foucault versucht sie von der Proposition, vom Satz und Sprechakten zu unterscheiden. Die Aussage ist immer mit dem Ganzen verbunden, welches direkt die Bedingungen ihrer Existenz bestimmt. (S. 82) Diese Bedingungen werden als diskursive Regularitäten genannt. Sie sind eng mit dem historisch abgegrenzten Feld der Aussagen verbunden. Diese Regularitäten werden in die diskursiven Formationen gebunden. Ist Foucault ein Strukturalist? Von einem Strukturalisten werden die Modelle konstruiert, die über der Realität sind und gestatten, die formalen Voraussetzungen, sowohl des Wirklichen, als auch des Möglichen zu bestimmen. Foucaults Archäologie dagegen versucht absichtlich, die spezifischen Existenzbedingungen gerade dieser, historisch abgegrenzten Formation zu ergreifen. (S. 83) Foucault lehnt als „glücklicher Positivist" ab, die historischen Totalitäten, transzendentalen Fundamente, verborgenen Ursprünge zu suchen. Im Hintergrund solcher Begriffe wird die Sprache durch solche Systeme als Sprechensverbot, Gegensatz zwischen Vernunft und Un-Vernunft, Wahrheit und Un-Wahrheit, Kommentar, Autor und Disziplin angeeignet, kontroliert und beherrscht. „Unsere Gesellschaft hat Angst vor dem unkontrolierten Charakter des Diskurses, und bemüht sich darum, sie mit allen Mitteln zu beschrenken. Unter dem Anschein der Logofilie versteckt sich Logofobie." (S. 88) Es soll, Foucaults Meinung nach, unser Wahrheitswillen bezweifelt, Diskurs als Erreignis erneut und die Hegemonie des Bezeichnenden beseitigt werden. (S. 88) Im vorletzten Kapitel (S. 90-119) Die Gründer der Diskursivität steht im Zentrum der Aufmerksamkeit die Problematik der Macht. Genealogische Untersuchungen, die im Rahmen der Macht abgespielt werden, leiten uns nur zu den auf der Oberfläche geschehenen Ereignissen. „Die Genealogien sind die Analysen der Machtbeziehungen und des Körpers." (S. 93) Die Wahrheit ist mit der Macht verbunden, sie ist in die Welt der politischen Beziehungen eingegliedert, sie wird von der Gesellschaft produziert, die ihr eigenes Regime und eigene Politik der Wahrheit hat. Die Gründer der Diskursivität produzierten nicht nur die Werke, sondern auch die Möglichkeiten und Regeln für das Formieren anderer Texte. Sie eröffneten neuen Blick in die Zukunft, bereiteten neue Wege zu vielen Diskurserscheinungen. Foucault wollte zu den Mechanismen gelängen, von denen sowohl die Wahrheit, als auch die Unwahrheit, Übereinstimmung und Ablehnung produziert werden. „Solche Mechanismen sind die Mechanismen der Macht." (S. 110) Foucault bietet keine Definition der Macht, es wird keine Theorie der Macht konstruiert. Sie wird eher analysiert. Die Macht existiert nur als die Verwirklichte. Macht kann man nur über den freien Menschen ausüben, Sklaverei steht mit der Macht im Widerspruch. So wird eine Technologie der Macht entwickelt. Es werden die Beziehungen zwischen der Macht und Wissen in drei Bereichen - Wahnsinn, Deliquenz, Sexualität - untersucht. Damit tritt man in die sozialen Gebiete - Klinik, Gefängnis und Schule - ein, wo die Machtprozeduren realisiert werden. Die Macht ist keine Unterdrückung, kein direktes Wirken. Foucault lehrt uns, die produktive und positive Kraft der Macht auszunützen, und so anders zu werden. (S. l17) Im letzten Kapitel Norm, Disziplin, Subjekt (S. 120-133) werden von Marcelli hauptsächlich zwei Werke von M. Foucault in Betracht genommen - Surveiller et punir; Histoire de la sexualité I. La volonté de savoir.; II. L'usage des plaisirs; III. Le souci de soi. Norm ist ein Prinzip des Standardes, der Ausgangspunkt der Organisierung und Produktionsregulator. Die Normalisierung ist ein Prozeß des Teilens, die nicht nur homogenisiert, sondern auch individualisiert. „Norm individualisiert durch das Setzen des Unterschiedens." (S. 121) Sie hierarchisiert, prüft und kontroliert. „Diesselben Voraussetzungen, aus denen die permanente Disziplin geboren wurde, gestatten es, auch die Prozessen der Individualisierung zu entwickeln." (S. 124) Foucault studiert die Verbindung zwischen dem Diskurs und der Sexualität, zwischen seinen Wirkungen und dem Genuß. Im 17. Jahrhundert wurde der Körper als Maschine, im 18. als feine lebendige und biologische Mechanik betrachtet. „Macht über dem Leben offenbart sich in der Disziplinierung des Körpers und in der Regulation aer Population." (S. 126) In dem zweiten und dritten Teil der Geschichte der Sexualität kehrt Foucault in die Antikzeit zurück. Anstatt der Uniformität, wird in der Antik erfordert, die menschliche Existenz zu ästhetisieren. „Selbstbeherrschung, Mäßigkeit im Essen, sexuelle Enthaltsamkeit und die üblichen Tugenden, das alles in dieser Ethik zu einem Ziel führt, dem Leben die Schönheit und Intensität zu geben." (S. 131) Die Perspektive der individuallen Existenz liegt also in der Möglichkeit des Anderswerdens, und besonders, aus eigenem Leben ein Kunstwerk zu bilden. (S. 133) Marceliis Buch stellt im Rahmen der Philosophie in der Slowakei eine konsistente und zusammenfassende Einführung in das Denken vom Michel Foucault dar. Dieses Buch will keine erschöpfende Interpretation der Foucaults Philosophie sein. Es entwirft nur einige Probleme und Schwierigkeiten, die zum Anlass zur philosophischen Disskusion führen können. Wir sind überzeugt, wenn es diese Rolle im Kontext der slowakischen Philosophie spielen wird, wird es seine Aufgabe genügend erfüllen. Michal Chabada [ наверх ] Главная » Журнал » Топос № 1 (4), 2001» Обзоры и сообщения |
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